Saison 2022/2023

Liebe Freunde der Musikalischen Akademie,

mit großer Freude präsentieren wir Ihnen unsere neue Homepage mit der Vorschau auf die Spielzeit 2022/23, mit der wir endlich einen großen Schritt in die virtuelle Gegenwart vollziehen können.

Zur Saison 2022/23:

Viele bedeutende Meisterwerke des Kammermusikrepertoires stehen auch in der Spielzeit 2022/23 wieder auf dem Programm unserer Matineen. Vom Barock über Klassik und Romantik bis hin zur klassischen Moderne reicht unser weitgefächertes Angebot. 
 
Daneben möchten wir – zum wiederholten Male – an Komponisten jener lost generation erinnern, die im vergangenen Jahrhundert aufgrund der weltpolitischen Ereignisse verfolgt, vertrieben, ermordet und vergessen worden sind. Das Weltgeschehen verleiht unserem Thema beklemmende Aktualität.
 
Viele hervorragende Kolleginnen und Kollegen werden in der Spielzeit 2022/3 im Rahmen unserer Matineen auftreten. 
 
Die Pianistin Silke Avenhaus, häufiger und gern gesehener Gast in unserer Reihe, wird mit dem Geiger Martin Funda, bekannt als Primarius des Armida Quartetts, und mit unserem langjährigen Freund, dem Schweizer Cellisten Patrick Demenga, die Spielzeit eröffnen – u.a. mit Klaviertrios und -sätzen von Franz Schubert und Bedřich Smetana.
Wir freuen uns auf die beiden Matineen mit dem Goldmund Quartett und dem Ma’alot-Bläserquintett, zwei Ensembles, die bereits in den vergangenen Jahren für große Begeisterung sorgten.
 
Ein wunderbares Münchner Ensemble u.a. mit der Flötistin Andrea Lieberknecht, dem Fagottisten Dag Jensen, dem Geiger Ingolf Turban und dem Cellisten Wen-Sinn Yang, wird einen vorweihnachtlichen kammermusikalischen Akzent setzen.
 
Der Geiger Christian Ostertag und seine Karlsruher Hochschulkollegen Kalle Randalu und László Fenyő steuern im März 2023 ein bezwingendes Programm bei, mit dem Schumann‘schen Klavierquartett als besonderem Glanzlicht.
 
Mit besonderer Vorfreude sehen wir den hochkarätigen Beiträgen aus der Stuttgarter Musikhochschule entgegen: Die Stuttgarter Bläserakademie aus Professoren und Studierenden wird ein groß besetztes Bläserprogramm präsentieren. Unter der Ägide der Streicherprofessoren Martin Funda und Tristan Cornut werden gemeinsam mit Kollegen und Studierenden zwei Matineen vorbereitet. Einmal mit Franz Schuberts großartigem Oktett, beim zweiten Mal – zum Saisonabschluss und besonders spannend! – mit kostbaren Raritäten von Julius Röntgen, Alexandre Tansman und Gustav Holst.
 
Wir bedanken uns herzlich für Ihre Treue und wünschen Ihnen nach all den Einschränkungen der Vorjahre einen ungetrübten Musikgenuss bei unseren Sonntagsmatineen!
 
 

Ihr
Ulf Rodenhäuser
Künstlerischer Leiter

Lost generation – Komponisten im 20.Jahrhundert –
verfolgt, vertrieben, ermordet, vergessen

Zu dem Kreis dieser „lost generation“ zählen einige Komponisten, die stilistisch noch fest im 19.Jahrhundert verwurzelt waren, wie beispiels-weise der 1871 geborene Alexander von Zemlinsky. Er stand gleichsam an der Nahtstelle der Musikgeschichte, zwischen der romantischen Tradition und der Avantgarde des Schönberg-Kreises, dessen Schritt in die Atonalität er nicht mehr mitvollziehen konnte. Die Machtübernahme der Nazis bereitete seiner jahrzehntelangen Tätigkeit als erfolgreicher Komponist und Dirigent jedoch ein jähes Ende. Nach dem Anschluss Österreichs an Nazi-Deutschland gab es ihn für keine Alternative mehr zur Emigration. Seine letzten Lebensjahre im New Yorker Exil waren geprägt von Krankheit und Existenzsorgen, er war ein gebrochener Mann. Und in der Nachkriegszeit war sein reiches Schaffen fast gänzlich aus den Programmen der Opern- und Konzerthäuser verschwunden.

Unmittelbare Opfer des Naziterrors wurden die Komponisten Erwin Schulhoff und Pavel Haas. Erwin Schulhoff war ein stilistisch äußerst vielseitiger Feuerkopf und in den 20er Jahren ein respektabler Vertreter der internationalen Avantgarde. Pavel Haas war der wohl bedeutendste Schüler Janaceks. Beide stehen für eine ganze Generation von tschechisch-jüdischen Komponisten, welche in deutschen Internierungs- und Konzentrationlagern sterben mussten. Ihre Musik fiel jahrzehntelang dem kollektiven Vergessen anheim.

Zemlinskys Landsmann Hanns Eisler zwang der Aufstieg der Nationalsozialisten ebenfalls zur Emigration. Ungleich erfolgreicher als Zemlnsky vermochte er sich jedoch in den USA auch als Filmkomponist zu etablieren und wurde sogar zweimal für den „Oscar“ nominiert. Nach seiner Rückkehr in den Osten Deutschlands konnte er seine Zusammenarbeit mit Bertolt Brecht wiederaufnehmen und entfaltete in der DDR eine breite Wirksamkeit.

Paul Ben-Haim wurde als Paul Frankenburger 1897 in München geboren und studierte an der Münchner Akademie der Tonkunst Komposition. 1931 verlor er seine Kapellmeisterstelle am Augsburger Stadttheater und übersiedelte nach antisemitischen Anfeindungen schon 1933 nach Palästina. Er suchte dort nach einer Synthese westlicher und orientalischer Musikstile und wurde zu einer der einflussreichsten Personen für das Musikleben Palästinas und die Entwicklung eines israelischen Nationalstils. Aus seiner rund 70-jährigen künstlerischen Tätigkeit gingen über 250 Kompositionen für nahezu alle Gattungen hervor, die trotz großer Aufführungserfolge bei Publikum und Interpreten heute selten zu hören sind.

Paul Hindemith schließlich, ebenfalls noch ein Kind des 19. Jahrhunderts, begann seine Komponistenkarriere als provokativer „Bürgerschreck“. Nach einem 1936 erlassenen Aufführungsverbot seiner Werke in Deutschland verlagerte er seine Tätigkeit immer mehr ins Ausland und emigrierte schließlich in die USA, wo er als Professor an der Yale Universität und als Dirigent erfolgreich wirken konnte. Seine letzten Lebensjahre verbrachte er ab 1953 in der Schweiz.

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