Christian Schmitt — Oboe
Norbert Kaiser — Klarinette
Marc Engelhardt — Fagott
Wolfgang Bauer — Trompete
Studierende: Marta Femenia, Anita Olivieri, Andrea Arcieri, Niklas Malcharczyk, Lyuta Kobayashi, Ramon Femenia, Annika Baum, Ana Martin Delgado, Max Schellenberger, Dominik Kist, Peter Juhasz, Hande Kazdal
Ludwig van Beethoven
Sextett Es-Dur op. 71
Paul Hindemith
Septett für 7 Blasinstrumente
Richard Strauss
Suite B-Dur op. 4 für 13 Bläser
Die Stuttgarter Bläserakademie eröffnet ihr diesjähriges Programm mit Beethovens Sextett op. 71. Hier handelt es sich um eine jener Nachtmusiken, die seinerzeit von auf Wiens Straßen und Plätzen umherziehenden Bläserensembles auf Bestellung zum Besten gegeben wurden – ein reines Vergnügen!
Hindemiths kunstvoll gesetztes Septett für Bläser strotzt von satztechnischen Finessen (u.a. Krebsformen, Doppelfuge, Cantus firmus). Aber auch ohne nähere Beschäftigung mit den Kompositionstechniken erlebt der Hörer ein hochspannendes Musikstück. Die Art und Weise, wie es dem Komponisten gelingt, die Trompete in das Holzbläserensemble zu integrieren, verdient höchsten Respekt.
Mozartisch-spielerisch und gleichzeitig dezidiert sinfonisch ist die groß besetzte, glanzvolle Suite für 13 Bläser des genialischen jungen Richard Strauss angelegt. „Schöne Jugendzeit, damals ging es noch auf Kommando!“ – so der Kommentar des alten Strauss zu der Entstehung seines Erstlings.
Termine und Karten
Weißer Saal im Neuen Schloss Stuttgart
Besetzung

Christian Schmitt
Christian Schmitt hat am Conservatoire Supérieur in Lyon und an der Musikhochschule in Karlsruhe studiert und seine Studien jeweils mit Auszeichnung abgeschlossen. Im Laufe seiner beruflichen Laufbahn hat er sein Können bei großen Meistern wie Thomas Indermühle, Maurice Bourgue, Paul Dombrecht und Heinz Holliger weiter perfektioniert. Im Jahre 1992 erhielt er den ersten Preis der Europäischen Kulturstiftung Freiburg. Beim Sinfonieorchester Basel war er über 20 Jahre lang als 1. Solo-Oboist tätig bevor er im Jahre 2008 als Nachfolger von Prof. Ingo Goritzki an die Staatliche Hochschule für Musik und Darstellende Kunst in Stuttgart berufen wurde.
Zahlreiche Komponisten, u.a. Vincent Paulet und Laurent Riou, Jacopo Baboni Schilingi und Hans Tutschku widmeten Christian Schmitt Werke, die in den letzten Jahren u.a. beim Maison de Radio France, in der Concert Hall of Birmingham, bei Festivals in Compiègne und bei den „Nuits Bleues d’Arc et Senans“ uraufgeführt wurden. Schmitt spielt als Solist unter dem Stab namhafter Dirigenten wie Nello Santi, Armin Jordan, Marcello Viotti, Heinz Holliger oder Walter Weller.
2 CDs nahm er in Kooperation mit dem Pianisten Josef Nykiel Hautbois Français – ein Panorama der französischen Musik für Oboe im 20. Jahrhundert auf – sowie Un Tour d’Europe des Salons Musicaux – Repertoire aus der Romantik im 19. Jahrhundert. Weiterhin sind Aufnahmen für das Schweizer Radio DRS, Radio Suisse Romande, Radio France-Musique und für den Südwestrundfunk entstanden.
Christian Schmitt hat zahlreiche Rezitals in ganz Europa (Deutschland, Spanien, Frankreich, Italien, England, Rumänien) und Meisterkurse an der Columbia University New York und den Universitäten von Austin/Texas, in Seoul, Peking, Shanghai und Hong Kong gegeben. Er war Jury-Mitglied beim Internationalen Gillet-Fox-Wettbewerb in Ithaca/New York und Birmingham sowie beim Internationalen Musikwettbewerb der ARD in München.

Norbert Kaiser
Der gebürtige Frankfurter studierte an der Musikhochschule Detmold Klarinette bei Jost Michaels und Hans Klaus sowie Klavier bei Werner Genuit. Zunächst wirkte er als Klarinettist im Radio-Sinfonie-Orchester Frankfurt und war dann von 1989 bis 2000 Erster Soloklarinettist am Staatstheater Stuttgart.Daneben schloss Norbert Kaiser ein Dirigierstudium in Weimar ab und arbeitete 1997/98 als Dirigierassistent von Lothar Zagrosek an der Staatsoper Stuttgart. 1999 wurde er auf eine Professur für Klarinette an der Hochschule für Musik und Darstellende Kunst Stuttgart berufen. Viele seiner Studenten bekleiden inzwischen Positionen in renommierten Orchestern. Norbert Kaiser gibt Meisterkurse und fungiert als Juror bei Wettbewerben.

Marc Engelhardt
Marc Engelhardt wurde 1961 in Radevormwald. geboren. Seine Studien führten ihn zu Prof. Günter Pfitzenmaier nach Köln und an die Musikhochschule Hannover zu Prof. Klaus Thunemann. Zunächst war er Mitglied in der Jungen Deutschen Philharmonie und im Jugendorchester der Europäischen Gemeinschaft und spielte dort unter Dirigenten wie Claudio Abbado oder Leonard Bernstein. 1986 verpflichtete ihn das damalige Rundfunksinfonieorchester Saarbrücken (heute Deutsche Radiophilharmonie) als Solofagottisten. Kammermusikalisch ist Marc Engelhardt mit der Stuttgarter Bläserakademie, dem Ensemble Fagottissimo sowie gemeinsam mit dem Trompeter Matthias Höfs und dem Saxofonisten Daniel Schnyder aktiv. Als Solist konzertierte Marc Engelhardt unter anderem mit dem RSO Saarbrücken, der Staatsphilharmonie Rheinland-Pfalz sowie dem Württembergischen Kammerorchester Heilbronn und dem Kölner Kammerorchester. Der erfolgreiche Fagottprofessor an der Stuttgarter Musikhochschule gibt internationale Meisterkurse und ist als Juror tätig.
Wolfgang Bauer
Wolfgang Bauer gehört zu den führenden Trompetern seiner Generation.Schon mit 19 Jahren studierte er an der Orchesterakademie der Berliner Philharmoniker bei Konradin Groth, und wurde bald darauf als Solotrompeter beim RSO Frankfurt und später beim Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks engagiert. Bereits im Jahr 2000 gab Wolfgang Bauer seine Orchesterstelle auf und folgte dem Ruf auf eine Professur an die Musikhochschule in Stuttgart. 2017 wurde er für seine dortige Arbeit im Team mit seinen Kollegen, den Blechbläserprofessoren Stefan Heimann, Christian Lampert und Henning Wiegräbe mit dem hochdotierten Landeslehrpreis Baden-Württemberg ausgezeichnet.
Seine Karriere als Solist begann mit dem Gewinn des Münchner ARD-Wettbewerbs und des Deutschen Musikwettbewerbs im gleichen Jahr. Die Liste seiner Auszeichnungen ist beachtlich. Dazu zählen u.a. der ECHO Klassik als Instrumentalist des Jahres 2009 und der Förderpreis der Landesakademie Baden-Württemberg der Bruno Frey-Stiftung für sein Blechbläserensemble CITY BRASS Stuttgart.
Als Solist war Wolfgang Bauer bei zahlreichen Festivals wie dem Schleswig-Holstein Festival oder dem Rheingau Musik Festival zu Gast. Er trat mit Orchestern wie dem Royal Philharmonic Orchestra London, dem Orchestre National de France, dem Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, der Staatskapelle Dresden, den Münchner Philharmonikern, den Rundfunksinfonieorchestern in Stuttgart, Köln und Hannover, dem London Philharmonic Orchestra mit Dirigenten wie Lorin Maazel, Fabio Luisi, Tom Koopman, Donald Runnicles und Dimitri Kitajenko auf.
Zahlreiche CD-Einspielungen spiegeln sein künstlerisch vielfältiges Repertoire wider, das er mit seinem Barockensemble Wolfgang Bauer Consort oder CITY BRASS Stuttgart realisiert.
Gedanken zur Stuttgarter Bläserakademie
von Ingo Goritzki *
Kammermusik ist ein Schlüsselwort des Musikmachens quer durch die Epochen der Musikgeschichte und ihre sozialen Strukturen. Im Mittelalter und der frühen Neuzeit noch elitären Zirkeln vorbehalten, entwickelte sie sich ab der Hochklassik zu einer der wichtigsten Säulen des klassischen Musiklebens. Seit Joseph Haydn gilt das Streichquartett als die Instrumentalform, in der auf kunstvollste Weise alle Facetten menschlicher Gefühle übermittelbar sind. Dem Pionier Haydn folgte in steiler Vervollkommnung auch gleich die Erfüllung der neuen Form durch Mozart, dem dann viele große Komponisten folgten wie Beethoven, Schubert, Schumann, Brahms, Janáček, Hindemith, Berg und Bartók. Selten wurde die Dominanz der Streichinstrumente in der dünnen Luft dieser Meisterwerke gebrochen durch die Hinzunahme eines Klaviers (Schumann, Brahms) oder noch seltener eines Blasinstrumentes (Mozart, Brahms, Reger). Und wieder war es Mozart, der auch im ausschließlichen Gebrauch von Blasinstrumenten sich auf derselben kompositorischen Höhe bewegen konnte und auch so in diesem Bereich neue Maßstäbe setzte.
Nur wenige konnten da im weiteren Verlauf der Musikgeschichte mithalten, dazu zählen Ludwig van Beethoven, Johannes Brahms, Richard Strauss, Leoš Janáček und Paul Hindemith.
An den Bläserwerken dieser Komponisten können wir Bläser unsere technischen und musikalischen Fähigkeiten schulen, erproben und vervollkommnen. Hier werden neben technischer Perfektion bedingungslos höchste Flexibilität der Tongestaltung, äußerste Klarheit und Differenzierung der Artikulation und profunde Stilkenntnis gefordert; eben alle jene Qualitäten, die gerade Mozart zu dem machen, was er immer war und wohlimmer sein wird: immerwährende Herausforderung eines kaum erreichbaren Ideals…
Im Bewusstsein dessen, dass die Studierenden der Bläserklassen einer Musikhochschule den hohen Ansprüchen des angestrebten Berufsbildes nur dann genügen können, wenn sie neben der notwendigen technischen Grundausbildung studienbegleitend auch diese Hohe Schule Bläser-Kammermusik durchlaufen haben, gründete ich im Jahr 1990 zusammen mit Ulf Rodenhäuser, dem damaligen Klarinettenprofessor der Hochschule, die Stuttgarter Bläserakademie. Leitbild war von Anfang an Rudolf Serkins Marlboro-Festival, bei dem alle Ensembles von einem erfahrenen Mentor durch Proben und Konzerte geleitet wurden. So sitzen in der Stuttgarter Bläserakademie Professoren an den ersten Pulten des jeweiligen Ensembles, die durch Studierende ergänzt werden, für welche die Übung in der Kammermusik besonders wichtig ist.
In den nunmehr etwa 30 Jahren ihres Bestehens kam im Rahmen der Bläserakademie turnusmäßig die gesamte Mozart-Literatur zur Aufführung, bald ergänzt um Werke späterer Epochen und zeitgenössischer Musik. Im Jahr 1994 konnte an den weltberühmten Komponisten Isang Yun ein Kompositionsauftrag (Oktett für Bläser) vergeben werden. Die erfolgreiche Uraufführung fand damals im Rahmen der Matineen der Musikalischen Akademie Stuttgart im Weißen Saal statt. Ein Auftragswerk an den Berliner Komponisten Friedrich Goldmann folgte.
Bemerkenswert war auch die Neufassung für großes Bläserensemble des berühmten Orchesterwerks Till Eulenspiegels lustige Streiche von Richard Strauss, bei der dem Arrangeur das Kunststück gelungen ist, keine einzige Note des opulent besetzten Originals unter den Tisch fallen zu lassen.
Es erfüllt mit Freude und Genugtuung, dass die Idee der vor 30 Jahren gegründeten Bläserakademie nicht nur Bestand hat, sondern immer neue Triebe hervorbringt…
* Ingo Goritzki und Ulf Rodenhäuser gründeten im Jahr 1990 als damalige Professoren an der Stuttgarter Musikhochschule die Stuttgarter Bläserakademie.